Es war Brigitte Sidjanski, die Mitbegründerin und ehemalige Lekto-
rin des Nord-Süd Verlages, die mich in den ersten Jahren unserer
Zusammenarbeit immer wieder aufforderte, doch wieder einmal
etwas Ähnliches wie „Die müde Eule“ zu machen. Mein Erstlings-
werk, das 1986 erschienen war, hatte ihr ganz besonders gut
gefallen. Doch was hieß das, ein ähnliches Buch zu machen? Eine
Folgegeschichte kam nicht in Frage – der Inhalt musste natürlich ein
anderer sein. Maltechnik und einige formale und gestalterische
Details konnte ich übernehmen, aber sonst?
Wenn das Buch schlussendlich wirklich etwas mit der müden Eule
gemeinsam haben sollte, dann musste ihr auch der neue Charak-ter
ähneln. Ein anderer Vogel kam nicht in Frage, aber welches andere
Tier konnte ähnlich aussehen wie die Eule?
Ich fand einfach keine Lösung und wollte das Projekt einmal mehr
zur Seite legen, als eines Tages „Die müde Eule“ so vor mir lag.
Natürlich! Aus den so typischen, stilisierten Vogelfedern wurden
Schuppen und aus der farbigen Eule ein bunter Fisch.
Am Schluss blieb dies die einzige Gemeinsamkeit der zwei Bücher
– aber es war die Geburtsstunde vom “Regenbogenfisch”.
Aus dem farbenfrohen Fisch entwickelte ich dann die Idee vom
schönsten Fisch im Meer. Zu Beginn noch stolz und eitel, erfährt der
einsame Fisch die Freude am Teilen.
Wäre das farbige Schuppenkleid aber die einzige Besonderheit
des Regenbogenfisches geblieben, dann hätten alle ande-
ren Fische nur grau und langweilig aussehen dürfen.
Darum suchte ich nach einem zusätzlichen, unverwechsel-
baren Merkmal für meinen Protagonisten. Einerseits um ihn
klar von den anderen Fischen abzuheben, andererseits um
den Wert und die Einzigartigkeit seiner Schuppengeschenke
zu unterstreichen.
Die Heißfolien-Prägetechnik, die ich schon von meiner Arbeit als
Grafikdesigner kannte, war für mich die ideale Lösung. Die Folie
ergänzte die Geschichte in wunderbarer Weise und machte Kin-
dern und Erwachsenen die Gefühle des Regenbogenfisches rund
ums Teilen erst richtig plausibel. Irgendeine farbige Schuppe weg-
zugeben ist ja nichts Besonderes. Aber so eine Glitzerschuppe zu
verschenken ist doch etwas anderes! Während die Folie für Kinder
ganz einfach attraktiv und außergewöhnlich war, symbolisierte sie
für Erwachsene Geld und Reichtum, die es zu teilen galt.
Nun lag es am Verlag, mit Angebotsanfragen in Europa und Asien
die Realisierbarkeit meiner Idee abzuklären. Die Produktionskosten
lagen letztlich fast doppelt so hoch wie für ein normales Bilder-buch.
Trotzdem entschloss sich mein damaliger Verleger, Davy Sidjanski,
das Risiko einzugehen und das Buch mit Glitzerfolie zu
veröffentlichen. Neben all den Problemen, die es rund um die Pro-
duktion zu lösen galt, blieb uns gar keine Zeit, uns über einen
möglichen Erfolg Gedanken zu machen. Doch bald war klar, dass
die Startauflage von 30'000 Exemplaren niemals reichen würde.
Und so wurden, dank der Unterstützung durch Schulen, Lehrer,
Buchhandlungen, Bibliotheken und religiöse Kreise, aus den an-
fänglichen 30'000 gedruckten Exemplaren schnell über 3 Millionen
verkaufte Bücher.
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